Ich kann allerdings nicht fassen, dass du das Rätsel nennst, was es in Dreamfall gab!
Hmmm... da sieht man mal, was ich eigentlich für niedrige Anforderungen habe. Hast du zufällig auch den Vorgänger gespielt, das (allerdings noch zweidimensionale) The Longest Journey? Wenn ja, würdest du wenigstens das Spiel als Rätsel-haltig bezeichnen?
Trotzdem werde ich einiges in Dreamfall als Rätsel bezeichnen, auch wenn es wesentlich einfacher war als im Vorgänger. Denn z.B. das "Codeknacken" mit den Drehscheiben war nicht ganz einfach, wenn auch noch schnell lösbar. Und auf das Vorbeischleichen am Wachhund, wenn der Zug kommt und stehenbleiben, wenn er vorbei ist, bin ich die ganze Zeit nicht gekommen. Das hab ich erst später in der Lösung gelesen. Kurz danach, der Wachposten - gegen den hab ich anfangs aus Prinzip gekämpft, schon aus Freude über den witzigen Dialog, aber denkst du, ich hab gesehen, daß ich mich an ihm vorbeischleichen konnte, wenn ich die Pizza manipulierte? Das ist mir erst beim 2. oder 3.ten Mal aufgefallen, auch wenns sicher kein "Rätsel" war. ...
Alles in allem schon wesentlich intelligenter als das, was es so in TR gab. Sicher, man kann nicht alles einfach als Rätsel bezeichnen. Ich bin nur auf Verschiedenes schlichtweg nicht gekommen, daher stufe ich es höher ein.
Bissel was davon kann in TR nicht schaden. Wenn man mal ein einfaches Schema sucht, dann könnte man m. E. sagen: TR fordert eine Art "Bewegungsintelligenz", und meinetwegen eine Fixierung auf "Kampftaktik". Dreamfall ist dagegen auf eine Art "soziale Intelligenz" hin ausgerichtet, und fördert eine "logikorientierte Vorgehensweise". Und Hitman meinetwegen das 2,3 und 4te. Meines Erachtens ist jedes Spiel gut beraten, zwar einen Schwerpunkt zu setzen, aber sich ansonsten nicht selbst einzuschränken.
Wie lautet die Essenz dieses Spiels? ...
Oh, Dreamfall ist einerseits ein Teil einer Serie, andererseits eine Story für sich. Eben halt so, wie AOD mal werden sollte. Der Inhalt entspricht dem Titel. Man beginnt die Reise, berührt den Weg einiger interessanter Leute, einige gehen in die Gegenrichtung, man trennt sich wieder, manchmal mit Bedauern, sieht sich vielleicht wieder und schaut, was aus ihnen geworden ist. Natürlich in einer phantastischen Welt, sonst wärs ja langweilig. Ankommen wird man niemals, denn die haben dort alle mehrere Leben, wie mir scheint, und außerdem wäre es ja sonst nicht die "längste" Reise.
Und die Essenz von Dreamfall ... Das Ende einer Geschichte ist nicht unbedingt von Bedeutung. Was zählt ist das Leben allgemein, und hier speziell das von April und das von Faith. - Und aus dem Grund gibt es da logischerweise keinen Endkampf. Zoë steht für das Leben, nicht den Tod. (Aber wer weiß, wenn sie beim nächsten Mal wieder geboren wird, dann vertritt sie vielleicht die Bösen, wer weiß.)
Nachtrag:
Crystal Dynamics hat mich auch nie richtig überzeugen können - weswegen ich Legend und Anniversary nie geholt habe, die Demos haben nicht den "tr effect" auf mich ausgeübt.
Ja, das mit dem TR-Effekt ist so ne Sache. Ich glaube, das hängt bissel davon ab, mit welchem Spiel man seinerzeit anfing. Jedes wirkt bekanntlich ein wenig anders, und hinterläßt andere Gedanken, auch wenn es insgesamt eine Entwicklungslinie gibt. Und das, was in dem damaligen Spiel entscheidend war für das "Hier muss ich mal das nächste Spiel spielen...", das macht für jeden Einzelnen den TR-Effekt aus. Das wird man nie auf einen Nenner bringen. Dazu kommen die modernen Design-Wünsche, und die Notwendigkeit, nicht angestaubt zu wirken.
Ergo: Das Feeling werden sie nie mehr so hinbekommen. Das ist wie mit dem Mosaik, einer alten DDR-Comiczeitschrift, die ich gewohnheitsgemäß verfolge. Da gibts auch immer wieder den Ruf nach dem Feeling vergangener Zeiten, und die Macher verändern immer wieder mal die Aussage einer Story, den Zeichnungsstil usw. um den ständig wechselnden Wünschen nach mehr Inhalt, mehr Tradition, neuen Ideen usw. entgegenzukommen oder vorauszueilen. Aber greifen werden sie das Feeling nie, das ist mal sicher. Auch deswegen nicht, weil die Erinnerung einen manchmal täuscht. Der Rückblick erscheint dann großartiger als es wirklich war.
Für mich ist das "TR-Feeling" in erster Linie ein langer Weg einer pistolenbestückten Püppi, die sicher ans Ziel gebracht werden muss. Denke ich. Insofern gefiel mir TRA auch besser als Legend. Der Weg war länger. Die Welt größer. Der Preis höher.