Also weiter im Text:
Winston nutzte die heitere Stimmung, um endlich die Nachricht loszuwerden, vor deren Mitteilung er sich bis jetzt gedrückt hatte.
"Lara"?
"Ja?"
"Ziel ist das Xui-Gong-Plateau in China, richtig?"
"Sicher."
"Nun ..."
"Was ist?"
"Ich habe im Internet das Wetter dort recherchiert."
"Sehr umsichtig."
"Es schneit. Seit zwei Monaten. Straßen gibt es kaum, jedenfalls keine geräumten."
Lara wurde blass. Ihr Gesichtsausdruck erstarrte; das rechte Augenlid begann zu zucken. "Na und. Eisenbahnen. Züge. Schienengebundene Transportmittel. Robuste, zuverlässige Diesellokomotiven, die nette, kleine, beheizte Wagons ziehen, das ist doch das wichtigste Verkehrsmittel in der Volksrepublik!" Lara fixierte Winston durchdringend, als wolle sie mittels Suggestion bewirken, dass er etwas Bestätigendes sagt.
"Ich fürchte, das ist keine realistische Option. Frostschäden haben das Schienennetz weitgehend lahmgelegt."
Lara wandte ihren Blick abrupt zum Seitenfenster. Ihre Augen nahmen die vorbeiziehende Landschaft jedoch nicht wahr, sondern starrten ins Leere. Das Schneemobil-Desaster in den Weiten des tibetanischen Hochlands manifestierte sich vor ihrem geistigen Auge. Lara war eine furchtlose Pilotin aller möglichen und unmöglichen Vehikel, ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft. Aber seitdem sie aufgrund einer grotesk falsch ins Englische übersetzten Bedienungsanleitung jenes tibetanischen Schneemobils nicht auf die Idee gekommen war, einen nicht als solchen beschrifteten "Turbo"-Knopf zu drücken und somit auch in stundenlangen Versuchen ein Sprung über eine Eischanze nicht zu schaffen gewesen war, was dazu geführt hatte, dass sie mehr als einhundert Kilometer des steilen Geländes zu Fuß durchqueren musste, mutierten ihre sonst an Drahtseile erinnernden Nerven zu hauchdünnen Spinnenfäden, sobald sie an ein Schneemobil auch nur dachte.
Winston beobachtete aus dem Augenwinkel beunruhigt, wie Lara begann, an den Nägeln zu kauen und flüsternd vor sich hin zu fluchen.
